Lieber Max
Alle Steinzeitler des Fördervereins gratulieren dir herzlich zu deinem runden Geburtstag !!
Während andere sich seit langem dem wohlverdienten Ruhestand widmen, hält dich der heilige, urgeschichtliche Geist weiterhin auf Trab. Fahrten nach Pressigny, Teilnahmen an Museumsanlässen und
archäologischen Exkursionen sowie Besuche von Ausstellungen und Grabungsstätten sind neben deinen Aktivitäten in der Steinzeitwerkstatt weiterhin Teil deines Lebens.
Wir alle wünschen dir alles Gute im kommenden Jahrzehnt. Bleib gesund, unternehmungslustig und lebensfroh !!
2018 konnte Max Zurbuchen sein 45-Jahr-Jubiläum in der Steinzeitwerkstatt feiern.
«Das sieht ja steinzeitmässig aus.» Diesen Spruch bekommt man heute oft zu hören. Meistens im Zusammenhang mit Gegenständen, Kleidern etc., die nicht mehr im Trend sind. Eigentlich falsch, denn die Steinzeit ist auch heute noch sehr wohl im Trend. Einer, der es wissen muss, ist der Boniswiler Prähistoriker und Archäologe Max Zurbuchen, Verantwortlicher für die Steinzeitwerkstatt in 5706 Boniswil und für das Pfahlbauhaus in Seengen am Nordende des Hallwilersees.
Nicht nur Schulkassen, vermehrt auch Gruppen von Erwachsenen führt er während des Jahres durch die Steinzeitwerkstatt in Boniswil, wo er anhand von exakten Nachbildungen originaler Geräte die
Technik der Steinzeit, den Herstellungsprozess bestimmter Werkzeuge und deren Verwendungszweck erklärt. Dabei macht er immer wieder die Beobachtungen, dass die heutige Jugend trotz aller
multimedialer Übersättigung Interesse für die Urgeschichte und besonders für das Handwerk aus der Steinzeit zeigt. Die Live-Erlebnisse in der Steinzeitwerkstätte verstärken dies zusätzlich. «Die
Schüler dürfen hier selber Hand anlegen und lassen sich so begeistern. Obwohl die Kinder heute viel hektischer und ungeduldiger geworden sind», sagt Max Zurbuchen. Aber gerade das
urgeschichtliche Werken braucht viel Ausdauer und Geduld. Gut, dass Zurbuchen bei seinen Führungen nicht nur als Experte und Kenner für Steinzeitwerkzeuge, sondern auch als exzellenter Motivator
in Erscheinung tritt.
Förderer Dr. Reinhold Bosch
Auch er liess sich damals – als noch niemand von Computer, Game Boy & Co. sprach – für die Urgeschichte begeistern. «Das war in der Mittelschule», wie er sich erinnert. Sein Lehrer weckte
damals sein Interesse, indem er der Klasse das Geschichtsbild mit spannenden Erklärungen vermittelte. Definitiv in die Archäologie reingeschlittert ist Max Zurbuchen dank Dr. Reinhold Bosch.
Bosch war Bezirkslehrer in Seengen und ab 1947 vollamtlicher Kantonsarchäologe. «Er war so etwas wie mein Ziehvater und hat mich zu Ausgrabungen bei Kirchen, Gräbern etc. mitgenommen. Auch hat er
mich später an der Uni gefördert», sagt Zurbuchen. Dr. Reinhold Bosch war 1922 zudem Gründer der Historischen Vereinigung Seengen, aus welcher später die Historische Vereinigung Seetal
hervorging. Er war es auch, der Max Zurbuchen als seinen Nachfolger der Steinzeitwerkstätte vorschlug. «1972 habe ich die Steinzeitwerkstätte als junger Prähistoriker ehrenamtlich und
nebenamtlich von der heute noch bestehenden Historischen Vereinigung Seetal übernommen», erzählt Max Zurbuchen. Schon während seiner Studienzeit hatte er sich für die damals noch in den
Kinderschuhen steckende experimentelle Archäologie interessiert. 20 Jahre zogen ins Land, bis der Funke auf die ihn anfangs belächelnde Fachwelt übersprang. «Die experimentelle Archäologie hat
seit der Pfahlbauland-Ausstellung, welche 1990 in Zürich stattgefunden hatte, einen gewaltigen Aufschwung erlebt», stellt Zurbuchen fest.
Der "Boniswiler Ötzi"
Dass das Interesse der Öffentlichkeit an der Vergangenheit nach wie vor vorhanden ist, zeigt auch der Jahrhundertfund Ötzi. Der vor über 5000 Jahren verunglückte und im Eis konservierte Mann war
eine Sensation für die Archäologie. Der Mann aus dem Eis rief Forscher aus der ganzen Welt auf den Plan. Zu ihnen gehört auch Max Zurbuchen als einer der wenigen Experimental-Archäologen Europas.
Zurbuchen stand dabei in Kontakt mit dem Südtiroler Landesmuseum, welches heute das Ötzi-Museum beherbergt. Er baute die Ötzi-Axt bis ins kleinste Detail als Replika nach. «Ötzi musste eine für
damalige Verhältnisse absolute Hightech-Ausrüstung bei sich gehabt haben», erklärt Max Zurbuchen. Er fand nämlich heraus, dass die Klinge der Axt zwar aus Kupfer war, die Schneide aber durch eine
spezielle Kaltschmiedetechnik so gehärtet wurde, dass sie sehr widerstandsfähig war. Heute kann die Replika der Ötzi-Axt auch in der Steinzeitwerkstätte in Boniswil bewundert werden. Zurbuchen
wird nicht zuletzt auch deswegen ab und zu «der Ötzi von Boniswil» genannt. Zurbuchen ist aber nicht nur in der Steinzeitwerkstätte ein gefragter Mann. Auch im Trentino am Gardasee wurde er schon
zu Kongressen eingeladen. Dies nachdem er dort die Aufschlüsse von Feuerstein erforscht hatte und über dieses Projekt diverse Arbeiten verfasst hatte. Aber auch in unserem Land ist sein
umfangreiches Wissen gefragt. Zum Beispiel bei Ausgrabungen in Künten, wo zwei prähistorische Siedlungen entdeckt wurden. Erwartet wurden Funde aus der Zeit des Antiken Roms. Zum Vorschein kamen
aber Objekte aus der Steinzeit. Unter anderem ein Werkplatz, wo Steinbeileklingen hergestellt wurden. Anlässlich eines Tages der offenen Grabung zeigte Max Zurbuchen den interessierten Besuchern
wie in der Steinzeit Werkzeuge hergestellt wurden.
Projekt für das Schweizer Fernsehen
Ein Meilenstein für Max Zurbuchen war auch das Projekt «Steinzeit Live» des Schweizer Fernsehens, das vom 25. Juli bis 21. August 2007 aus der Pfahlbausiedlung im thurgauischen Pfyn in die
Schweizer Stuben flimmerte. Im Vorfeld wurden im Naturschutzgebiet zwei vom Bund bewilligte Pfahlbauhäuser und ein Stall gebaut. Und zwar so, wie zu Pfahlbauerzeiten. Für den Bau der
Pfahlbauhäuser suchte das Schweizer Fernsehen, vertreten durch Redaktionsleiter Thomas Schäppi, einen archäologischen Fachmann. «Er rief mich an, nachdem der Thurgauer Kantonsarchäologe den
Verantwortlichen sagte, dass ich der richtige Mann für dieses Projekt sei», so Zurbuchen. Mit Forstleuten realisierte er das Projekt innerhalb nur eines Monats. «Für mich war dieser Einsatz eine
sehr schöne Erfahrung und nicht zuletzt auch die günstigste Reklame für mich und mein Schaffen.
Seengens Pfahlbauerhaus: Zurbuchens Idee
Ebenfalls zu einem seiner Meilensteine zählt Max Zurbuchen den 1989 realisierten Nachbau eines Pfahlbauhauses aus der Jungsteinzeit am Nordende des Hallwilersees in Seengen. Es gehörte zu den
ersten nach archäologischen Funden rekonstruierten Pfahlbauhäuser der Schweiz und Zurbuchen war Initiant dieser ausgefallenen Idee. Spender war der Lenzburger Rotary-Club, dessen Mitglieder beim
zwei Jahre dauernden Bau grössenteils selber Hand anlegten. «Seengen hat kulturell etwas, das andere Gemeinden nicht haben.» Und damit meint der rüstige 70-Jährige nicht nur sein Pfahlbauhaus
oder die spätbronzezeitliche Pfahlbausiedlung in der Seenger Riesi, die neben weiteren Pfahlbauten rund um den Alpenbogen ins Unseco-Weltlulturerbe aufgenommen wurde, sondern auch die
Steinzeitwerkstätte. «Um die Ausstellung übersichtlicher zu gestalten, wäre eine grössere Lokalität nicht schlecht», so Zurbuchens Wunsch. Schliesslich möchte er hier noch viel bewegen. Dass er
noch nicht zum alten Eisen gehört, zeigen auch die Besuche von Studierenden von Universitäten in seiner Werkstatt.
Quelle: dorfheftli.ch / Seengen
Kontakt Direkt: max.zurbuchen@steinzeit-live.ch