Archäologie in der Region Wohlen
Am Sonntagnachmittag des 12. Juni trafen sich bei prächtigem Sommerwetter 10 vorgeschichtlich interessierte Personen beim Treffpunkt «Alpenzeiger» oberhalb von Anglikon, Wohlen, zur Frühlingsexkursion. Hier ist ein bemerkenswerter Kraftort mit spektakulärem Alpenpanorama. Wir wurden von Max und Eva begrüsst. Sie haben die Exkursion perfekt vorbereitet. Mit Wegweiser zur Stele und präpariertem Dschungelpfad durch Dornen, Brennnesseln und Sturmholz. Anhand von Bildtafeln wurden wir in die Archäologie im Häslerhau und Hohbüel-Wald eingeführt. Die frühesten Ausgrabungen fanden von 1925 bis 1930 unter Leitung des Bezirksschullehrers Emil Suter statt. Es gab an diesem Standort mindestens drei Grabhügel, in denen Lanzenspitzen, Bronzefibeln, Schmuckringe, Tonnenarmbänder und Bronzegefässe geborgen wurden. Die Grabhügel werden in die spätere Hallstattzeit datiert. Die Sammlung der Funde von Wohlen wurden vorerst im Bezirksschulhaus Wohlen ausgestellt. Dann kamen sie in die Kantonsarchäologie in Brugg. Einen Teil der Sammlung kann man angeblich im Museum Burghalde in Lenzburg besichtigen.
Max erzählte uns anekdotenhaft wie er selber ca. 1965 eine Nachgrabung im Häslerhau durchführen konnte. Er konnte Steinsetzungen, teils noch gesetzte Megalithen und eine umgelegte Stele mit deutlichen anthropomorphen Merkmalen aufspüren. In einer Militäraktion wurde letztere wieder aufgerichtet. In den nachfolgenden Jahrzehnten wurde die Grabungsfläche wieder von Brennnesseln und Dornengestrüpp überwuchert. Die Stele war wohl durch Forstarbeiten wieder umgelegt worden, Max hat sie ein zweites Mal im Gestrüpp unter Moos aufgefunden und konnte sie durch den Forstdienst wieder aufstellen lassen. Da sieht man wie schnell vorgeschichtliche Denkmäler im Gelände wieder von der Natur überwuchert werden.
Ein kleiner Waldspaziergang führte uns zum Granitfindling «Wolfhüslistein», ein sagenumwobener und geheimnisvoller Megalith auf einer wallartigen Anhöhe beim Hägglinger Rothübel. Max präsentierte uns Theorien von phantasievollen Sagengespinsten und die eher zutreffende wissenschaftliche Deutungen der Experten. Der Megalith verfügt über 2 Reihen von 15 bis 20 cm in den Stein gemeisselten vierkantigen Vertiefungen. Gemäss Sage soll da ein «Wolfshüsli», das heisst eine Wolfsfalle über dem Stein aufgebaut und verankert worden sein mit einer Klappvorrichtung, um Wölfe zu fangen. Eine quer über den Stein laufende flächige Rinne soll dazu gedient haben, den Wolf anzulocken. Eine wohl etwas gesuchte und technisch knifflige Konstruktion? Man hat ja Wölfen oder Bären früher eher mit Fallgruben nachgestellt. Max hat uns nun die eher wissenschaftliche Deutung erläutert. Von den Römern ist bekannt, dass in Italien auch heute noch Doppelspitzhämmer zur Anfertigung von Spaltlöchern im Felsgestein verwendet werden. Grosse Felsblöcke werden dann direkt mit Metallspaltkeilen zertrümmert bzw. senkrecht gespalten. Aus irgendeinem Grund wurde dieser Granitfindling nicht gespalten, vielleicht Widerstand der ansässigen Bevölkerung? Oder ein gesteinstechnisches Problem? Man könnte sich vorstellen, dass der Granitfindling urgeschichtlich schon vorrömisch als Altarstein verwendet wurde und dann diese rätselhafte Rinne eine Bedeutung oder Funktion hatte? Vielleicht gibt es ähnliche Objekte in anderen Regionen. Max hat uns eine Abbildung eines Findlings im Jura mit ähnlichen vierkantigen Lochungen gezeigt, jene Fundstelle gilt als «römischer Steinbruch». Zum Abschluss versenkte Max einen eng passenden vierkantigen Holzblock in einer Lochung. Könnte sein, dass der Fels nun doch noch gesprengt wird oder auch nicht?
Durstige Seelen durften sich noch bei einem Apéro verabschieden und die Heimfahrt antreten. Wir bedanken uns bei Max und Eva für den spannenden Exkurs in die Welt der Sagen und der archäologischen Forschung bis zum nächsten Mal.
Anton Schamböck, Luzern, im Juni 2022