Archäologie entlang der Saane im Greyerzerland
Dank dem Bau der Autobahn in den 1970er Jahren und dem einsetzenden wirtschaftlichen Aufschwung wurde auch die reiche Vergangenheit des Greyerzerlandes aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Neben
herausragenden Funden wie zinnüberzogener Tonware, attischer Keramik, römischen Bronzestatuen und reichen frühmittelalterlichen Grabausstattungen, sind im Greyerzerland auch interessante
Geländedenkmäler zu bestaunen. Diese waren Ziel der Herbstexkursion der Steinzeitwerkstatt Boniswil vom 25./26. September 2021.
Wir starteten mit dem hallstattzeitlichen "Fürstensitz" von Châtillon-sur-Glâne. Perfekt gelegen auf einer Spornlage beim Einfluss der Glâne in die Saane ist die Wall-Grabenanlage noch deutlich
im Terrain sichtbar. Leider gab es Grabungen nur auf sehr kleiner Fläche, so dass noch viele Fragen offen sind. Mit den vielen im Vorgelände liegenden Grabhügeln bekommt Châtillon-sur-Glâne ein
Potenzial wie man es heute von der Heuneburg an der Donau kennt. Wir besichtigten nach einem lauschigen Spaziergang entlang der Saane die zwei Grabhügel von Au Port, von denen der eine noch immer
den uralten Grabungsschnitt von 1911 aufweist; sehr gut ist darin sein Steinkern sichtbar.
Nach einem feinen Mittagessen auf der Sonnenterrasse des Restaurants "Le Vignier" bei le Bry erwartete uns eine Neuheit: Riccardos Solarboot setzte uns auf der Ile d'Ogoz im Greyerzersee ab, nicht ohne uns vorher auf einer halbstündigen Fahrt die landschaftlichen Reize des nördlichen Greyerzersees zu zeigen. Herzlichen Dank, Riccardo! Die Ile d'Ogoz ist ein seit der Bronzezeit besiedelter Sporn am im Stausee untergegangenen Flusslauf der Saane und kann heute nur noch sehr selten trockenen Fusses erreicht werden, letztmals 2002. Die Ruinen wurden in den letzten zwei Jahrzehnten konserviert, die Kapelle eignet sich bestens für Hochzeiten und ähnliche Festlichkeiten. Vielleicht sieht man sich wieder dort, nicht wahr Michael!
Unterdessen wurde es später Nachmittag, Zeit für einen Apéro am Ufer des Sees, unweit der Grabungen Othmars, der 1988-90 drei Sommer ein frühmittelalterliches Gräberfeld untersuchte. Eines der
zwei Tuffgräber, das für ein später leider gescheitertes Museumsprojekt des Kantons vorgesehen war, kann immer moch besichtigt werden. Nur der Tote und seine Beigaben fehlen nun!
Am Abend traf man sich in einer Strassenbeiz in der Altstadt von Bulle. Trotz einsetzendem leichten Regen wurde der Abend ein gelungener Anlass. Eines der Hauptthemen war unbeabsichtigt das was
man am nächsten Tag in Ursins antraf.
Zuerst ging es aber nach Riaz-Tronche Bélon, einem gallo-römischen Kultplatz des 1.-3. Jh. n.Chr. Dank einem gefundenen Votivtäfelchen weiss man, dass der Tempel dem keltisch-römischen Kriegsgott
Mars Caturix geweiht war. Später, im 6.-7. Jh., wurden in seinem Umfeld über 200 frühmittelalterliche Gräber angelegt. Der Kriegsgott Mars hat übrigens bis heute überdauert: nämlich im
unmittelbar daneben gelegenen Dorf namens "Marsens"!! Dass der römische Tempel nicht alleine in der Landschaft steht, ist dank zahlreichen römischen Villen und einem Dorf (Vicus) in seiner
direkten Umgebung durch Grabungen bezeugt. Und wer ein römisch geschultes Auge hat, sieht in einer Geländeerhebung ein weiterhin im Boden schlummerndes szenisches Theater. Auch hier gilt: es gibt
noch viel zu tun!
Im unscheinbaren kleinen Dorf Ursins, auf dem Weg nach Yverdon, findet man wiederum einen gallo-römischen Tempel. Auf dem Fundament der Cella ruht heute das Kirchenschiff und das Fundament der
römischen Umfassungsmauer ist heute als Begrenzung des Kirchgeländes noch sehr gut erhalten. Das Christentum besetzte einen antiken Kultplatz!
Nach einer köstlichen Pizza in Yvonnand stand der Höhepunkt des zweiten Tages an: Der Besuch beim Antiktöpfer Pierre-Alain Capt in Cuarny. Er produzierte für die Steinzeitwerkstatt einige
jungsteinzeitliche Töpfe nach Othmars Vorgaben. Heute zeigte er was man alles aus Ton bzw. seinem Brand herausholen kann, wie man ein Gefäss nach jungsteinzeitlicher Manier machte und was man
dank schnelldrehender Drehscheibe erreichen kann. Das Ergebnis war so verblüffend, dass die auf der Drehscheibe entstandene Vase sofort einen begeisterten Abnehmer fand. Im November wird sie
gebrannt. Zu diesem Ereignis fährt wieder eine Delegation nach Cuarny. Auch weitere Gefässe fanden einen Käufer im Seetal. Pierre-Alain sei herzlichst für seinen Empfang mit Bier und Kuchen
gedankt. Wir hoffen alle ihn in Boniswil einmal wiedersehen zu können.
Text: Othmar Wey; Fotos Beat Meier, Othmar Wey