Ziel der Herbstexkursion 2017 waren die zahlreichen steinernen Monumente aus der Jungsteinzeit in der Region des Neuenburgersees. Aus diversen Richtungen anreisend sammelten sich am Samstag 9. September zehn Mitglieder des Fördervereins der Steinzeitwerkstatt Boniswil in einem schmucken, kleinen Café in Twann. Zu unserer Überraschung wurden wir vom Wirt mit einem kostenlosen Kaffee begrüsst. Der Grund war schnell klar. Auf der gegenüber liegenden Strassenseite befindet sich das Fraubrunnenhaus, das die Sammlung Irlet beherbergt. Ihre Besitzerin, Annelies Zwez, konnte heute Morgen leider nicht anwesend sein und wollte sich mit dieser schönen Geste in unseren Herzen verewigen. Bestens gelungen!! Der Wirt überreichte uns die Schlüssel zum Ausstellungssaal, den manche mit einem Wow!! betraten.
Die Sammlung Irlet wurde ab ca. 1880 aufgebaut und in der Mitte der 30er Jahre des 20. Jh. im Erdgeschoss des Fraubrunnenhauses ausgestellt und seitdem nicht mehr verändert. Heute kann man hier
nicht nur interessante an den Ufern des Bielersees aufgesammelte Artefakte der Jungsteinzeit und der Bronzezeit, sondern auch den damaligen dekorativen Ausstellungsstil bewundern. Toll, auch 80
Jahren später noch beeindruckend! Schweizweit ist es wohl die letzte intakte Ausstellung aus der 1. Hälfte des 20. Jh.
Unser nächster Halt hiess Laténium in Hauterive, wo zwei Nachzügler dazu stiessen. Gemeinsam stärkten wir uns im Museumscafé. Das kantonale Archäologie-Museum Neuenburgs beherbergt zahllose Funde
aus der vorchristlichen Vergangenheit der Region. So auch einen Menhir mit eindrucksvoller Gesichtsdarstellung, der 1995 auf dem Autobahntrassee bei Bevaix gefunden wurde.
Im Laténium hätte man einen ganzen Tag verweilen können. Aber um 16.00 Uhr stand unser nächster Termin an. Beim Menhir “La Vernette“ bei Corcelles-près-Concise stiessen noch jene dazu, die
Samstags werktätig sein müssen. Trotz kühler Witterung liessen wir die Zapfen knallen und feierten die Gruppenvollständigkeit und den Menhir mit Sekt, Wein und Zutaten. Der Menhir, der einige
Schalensteine auf einer Längsseite aufweist, wurde beim Bau der Bahn 2000 liegend gefunden und unweit davon wieder aufgestellt.
Im benachbarten Onnens bezogen wir im Hotel Bellevue unser Quartier. Ein feines Abendessen mit gutem Wein liess den interessanten Tag ausklingen.
Am Sonntagmorgen, nach einem feudalen Frühstück, stand schon wieder ein Höhepunkt unserer Megalithtour an: Der spätneolithische Dolmen Praz Berthoud bei
Onnens. Archäologen entdeckten ihn zufällig beim Bau einer Werkstrasse der Autobahn A5. Seit kurzem ist er wiederhergestellt und dem Publikum zugänglich gemacht worden. Die Umgebung von Onnens
ist allgemein reich an Megalithen. Der vermutlich seit seiner Errichtung in der Jungsteinzeit stehende Menhir von Bonvillars, die letzten vier einer wohl grösseren Anlage in Corcelles, jene in
den Wäldern von "Le Devens“ oberhalb von Gorgier und die Grabplatten eines zerstörten Megalithbaus im Dörfchen Fresens liessen wir uns ebenfalls nicht entgehen.
Mittag verbrachten wir bei strahlender Sonne in einer Strassenbeiz im Städtchen Yverdon. Es war gerade “Schubertiade“, die Strassen voll Leute und Musik. Noch wartete das grösste megalithische Highlight der Schweiz auf uns: Eine Megalith-Anlage von 43 Menhiren, die grösste Anlage in der Schweiz und Umgebung, steht in einem Park in der Bucht von Yverdon. Neben 35cm kleinen stehen 4,5m hohe Stelen in zwei Reihen und vier Gruppen. Die Steinblöcke wurden zwar schon 1880 entdeckt, aber nicht als archäologische Monumente erkannt und gingen deshalb wieder vergessen. Erst 1975 wurde man ihrer Bedeutung bewusst und erneut dem Dickicht entrissen. 1981 wurden die Menhire archäologisch untersucht und dem Publikum zugänglich gemacht.
Unsere Megalithfahrt ging weiter. In Gletterens besuchten wir das neolithische Dörfchen. Max traf überraschend auf einen befreundeten Experimentalarchäologen. Als Abschluss fuhren wir auf den
Mont Vully. Von hier aus wollten wir die besuchte Region nochmals überblicken und dem Nachbau der keltischen Wehranlage unsere Referenz erweisen. Neben dem Parkplatz oben auf dem Plateau standen
wir vor einer maschinell geöffneten Fläche. Es war die Herbstgrabung der Uni Lausanne. Sie suchten erfolglos nach Spuren einer keltischen Überbauung, die in der umfriedeten Innenfläche vermutet
wird. Ob die denn nicht wissen, was vor Jahrzehnten gemacht wurde? Othmar war als junger Student mit dabei, als 1981-82 dasselbe im Rahmen einer SNF-Grabung gemacht wurde!
Die Abenddämmerung zog ins Land. Wir verliessen die Region mit vielen schönen Eindrücken. Manche werden wohl einmal wieder kommen. Ob es dann neue Megalith-Anlagen zu besichtigen gibt? Eine
Überraschung wäre es nicht.
Othmar Wey